Immer wieder hört und liest man aus Budokreisen, daß es krieselt, daß die gute alte Zeit vorbei ist, daß es eine heillose Zersplitterung gibt und daß sich alle möglichen unseriöse Gestalten in der Szene tummeln. Aber, was ist unseriös, wer gibt diese Urteile ab? Was ist Budo, guter Kampfsport, was ist anerkannt, was ist privat? Es kursieren jede Menge Urteile, Vorurteile und Begriffe, die man einmal näher beleuchten sollte, um sich anschließend (jeder für sich selbst) zu überlegen, wie dies zu einzuschätzen ist.
Ein relativ großer Kampfsportverband veranstaltet seine Europameisterschaft. Er hat es geschafft, gegen etliche Mitbewerber seinen Weltverband zu überzeugen und hat den Zuschlag bekommen. Im nationalen Verband fand sich ein engagierter Ausrichter (in der Regel ein Verein aus dem Verbandsvorstand), der nun auf lokaler Ebene mit Unterstützung des Verbandes versucht, etwas Großes auf die Beine zu stellen. Es melden sich z.B. 250 SportlerInnen aus ca. 15 Nationen an und mit einem großen organisatorischen Kraftakt bringt der Verband die Veranstaltung über die Bühne. Im Verbandsmagazin feiert man den Wettkampf und seine Sieger; alle sind sich einig, viel für den eigenen Sport getan zu haben. Leider kommen außer den Akteuren und deren Anhang sehr wenig Zuschauer (Laien) zu der Veranstaltung; man beklagt das mangelnde Medieninteresse; finanziell mußte der Verband zuschießen…
Die Budoabteilung eines ländlichen Großvereines feiert das 15-jährige Bestehen mit einer großen Budoveranstaltung. Die Abteilung als auch der Hauptverein (mehrere Tausend Mitglieder) möchten sich und den asiatischen Sport mal öffentlich gut präsentieren. Klare Sache, daß der Bürgermeister (er ist sowieso Mitglied des Vereines) die Schirmherrschaft übernimmt. Die prachtvolle Dreifachhalle des Dorfes wird zur Verfügung gestellt und jeder, der kann steuert etwas zum Gelingen bei. Eingeladen werden Budofreunde der ausrichtenden Abteilung aber auch Akteure und Partner der weiteren Budoabteilungen des Hauptvereines beteiligen sich. Die örtliche Presse schreibt seitenlange Vorankündigungen und Berichte, es fließen Spenden und Sponsorenzuwendungen und das Ganze wird zu einem dörflichen Großereignis, an dem sich auch zahlreiche Sportler aus dem angrenzenden Ausland beteiligen. Werbemäßig und finanziell wird der Wettbewerb für die Budoabteilung ein großer Erfolg; wer nicht schon Mitglied ist, bekundet Interesse, auch, wenn er aus der Nachbarschaft anreisen muß…
Für wen sind denn nun eigentlich diese aufwendigen Wettkämpfe und Turniere. Der Laie kann sie sowieso nicht unterscheiden. Das sportliche Niveau (auch eine sehr unterschiedlich interpretierte Größe) war möglicherweise sehr verschieden kommt aber in der Wirkung nach außen wenig zum Tragen. Die Fachleute erkennen zwar die Unterschiede, neigen jedoch sowieso dazu andere Budokünste abzuwerten. So sind sowohl die „anerkannten“ „offiziellen“ Wettbewerbe als auch die Vereins „Großveranstaltungen“ in erster Linie für das eigene Umfeld wirksam. Man ermittelt seine eigenen Meister und feiert sie in den Verbandszeitschriften bzw. in der örtlichen Presse. Der Sprung in die große Medienöffentlichkeit gelingt nur selten z. B. über gute Kontakte und ist in der Regel den olympischen Disziplinen vorbehalten.
Nun könnte man sich resignierend zurückziehen oder versuchen, nach dem Motto „Klein aber Fein“ weiterarbeiten; die Verhältnisse werden sich nicht so schnell ändern. Es verwundert, daß gerade Budosportler sich von einem fernen Wunschziel leiten lassen, anstatt sich auf den „Weg“ zu konzentrieren. Zieht man mal das Ganze von hinten auf, stellt sich die obige Situation z.B. wie folgt dar. In der örtlichen Presse wird eine Budoveranstaltung angekündigt, deren Schirmherr der Bürgermeister ist. Er hat schon bei unzähligen Sportveranstaltungen seine Aufwartung gemacht. Während er gerade von der „anerkannten“ Bezirksmeisterschaft einer Ballsportart kommt, ist er nun, ohne sich dessen bewußt zu sein, Gast eines „nicht offiziellen“ Jugendtitelkampfes. Der Stadtrepräsentant ist berührt von der beeindruckenden Szene. Über 200 Kinder und Jugendliche haben sich zur Eröffnung aufgestellt; alle sind gleich gekleidet und bewegen sich nach kurzen prägnanten Kommandos alle gleich. Bei den Kämpfen und Vorführungen sieht es ähnlich aus.
Die jungen Budoka zeigen für Laien erstaunliche Disziplin, beeindruckende Leistungen und außer einigen Prellungen wird es bei den mehreren hundert Auseinandersetzungen und Demonstrationen keine nennenswerten Verletzungen geben. Die Sportler sind, obwohl noch nicht mal schulreif, mit Feuereifer dabei und geben alles. Einen Fehler beim Demonstrieren des vorgegebenen Bewegungsablaufes verzeihen sie sich genauso wenig wie eine Unaufmerksamkeit, die zum Treffer durch den Gegner führt. Bis zum nächsten Wettkampf werden sie weiter an sich arbeiten, um einmal eine der begehrten kleinen Trophäen zu gewinnen (und das alles, obwohl keine finanzkräftigen Talentsucher am Mattenrand stehen oder Turnierprämien in Aussicht sind).
Ein ähnliches Bild sieht man auf einem der vielen Budo-Lehrgänge, wo Sportler aller Stile und Graduierungen zusammenkommen, um von anerkannten Meistern etwas neues zu lernen oder Einblick in neue Budodisziplinen zu erhalten. Da treffen sich teilweise 200 und bis zu tausend Budo-Sportler, trainieren gemeinsam und verbringen ein Wochenende zusammen, bei dem auch gefeiert werden darf. Ein regelrechter Lehrgangstourismus ist zu beobachten, die Teilnehmer begegnen sich immer wieder in Holland, Belgien, England, Deutschland und sie sammeln in ihren Verbandspässen die Teilnahmebestätigungen wie andere die Siegtrophäen. Wer mal selbst an solchen Turnieren oder Lehrgängen teilgenommen und sich wirklich darauf eingelassen hat, der konnte vielleicht etwas von dem spüren, daß den meisten Budo-Sportlern gemeinsam ist. Da
ist eine Bewegung im Gange vergleichbar der Fitneß-Welle und es wird in Zukunft kaum noch jemanden geben, der nicht so oder so mal mit Budo-Kampfsport in Kontakt gekommen ist.
So treibt der Budo-Baum ständig neue Blüten, verändert sich, erneuert sich und wird sichtbar in einer Vielzahl von Budosportarten, Wettkämpfen, Lehrgängen, Klubs und Gruppen. Jeder, der in diesem Bereich etwas auf die Beine stellt, ist auf seine Weise bemüht, Budo zu verbreiten. Sein Urteil soll sich jeder selbst bilden. Hier einige Beispiele für die vielen Budoveranstaltungen im ersten Halbjahr 1999 (wer Interesse hat, kann näheres über 0231-88 200 91, Tel + Fax) erfahren:
06.03. 1999 Asien-Cup in Herne (Formen und Semikontakt-Kampf)
06.03. 1999 Taekwon-Do Länderkampf Deutschland Polen in Arnsberg
06.03. 1999 Kampfkunstgala in Mönchengladbach
14.03. 1999 Kick-Box Nachwuchsturnier in Gelsenkirchen
20.03. 1999 Taekwon-Do Jugendturnier in Arnsberg
20.03. 1999 Kick-Box Internationale Deutsche Meisterschaft in Bayern
21.03. 1999 Westfalen Cup in Lüdenscheid (Leichtkontakt-Kampf)
27.03. 1999 Taekwon-Do Ranglistenturnier in Dortmund
28.03. 1999 Chi-Ryu Lehrgang
27.-28. 03. 1999 Selbstverteidigungslehrgang in Mainz
11.04. 1999 Internationales Budo-Seminar in Belgien
18.04. 1999 Kick-Box Jugend- und Juniorenmeisterschaft
18.04. 1999 Kampfkunstgala in Rheine
25.04. 1999 Stadtmeisterschaft in Castrop-Rauxel (Leichtkontakt-Kampf und Formen)
25.04. 1999 Taekwon-Do Gürtelturnier in Herne
02.05. 1999 4. Internationale Offene Deutsche Meisterschaft in Bochum (Kampf und Formen)
02.05. 1999 Internationale Stadtmeisterschaft in Castrop-Rauxel (Kampf und Formen)
08.05. 1999 Kick-Box Westfalenmeisterschaft
14. – 16.05. 1999 Kampfart Seminar in den Niederlanden
22. – 24.05. 1999 Taekwon-Do Breitensportlehrgang in Berlin
23. – 24.05. 1999 5. Großer Internationaler Budolehrgang in Dortmund
29. – 30.05. 1999 Kick-Box Deutsche Meisterschaft in Worms
05.06. 1999 Taekwon-.Do Jugendturnier
06.06. 1999 Offenes Pokalturnier in Lüdenscheid (kampf und Formen)
06.06. 1999 Taekwon-Do Formen Westfalenmeisterschaft
12. – 13.06. 1999 Taekwon-Do German Open
12. – 13.06. 1999 Deutsche Kick-Box-Meisterschaft