Alle Weil ist es mal wieder soweit; irgendeiner (meistens irgendwelche Wissenschaftler ohne Bezug zu den Realitäten) verunsichert Sportler, Eltern, Trainer und Funktionäre mit Zweifeln an den Grundfesten des Sportes.
Alles, was jahrelang gut und richtig war, was Gültigkeit hatte, soll auf ein Mal nicht mehr stimmen?
Diese Theoretiker können sich die Finger wund schreiben; bevor das umgesetzt ist, hat es seine Gültigkeit schon wieder verloren. Also lassen wir es gleich. Man erinnere sich nur an die Revolution im Bereich der Aufwärm-Gymnastik. Noch bis weit in die Achtziger Jahre hinein wurden in offiziellen Übungsleiterausbildungen Übungen gelehrt und praktiziert, die heute unter der Rubrik Körperverletzung abgehakt werden. Es dauert schließlich auch Jahre, bis die einschlägige Literatur bereinigt oder umgeschrieben ist (solange kursieren natürlich noch die alten Machwerke). Aber, was uns nicht umbringt, macht uns nur härter, und geschadet hat es bis jetzt noch niemandem, oder?
Inzwischen werde ich dann angesprochen bei einem Übungsleiterlehrgang, warum ich denn immer noch wippende Dehnübungen mache. Oh, Entschuldigung, hat man mich erwischt ? Da spielt es auch keine Rolle, dass direkt nach dem Softstretching schnelle dynamische Fußtritte ausgeführt werden sollen; aber bitte bei der Dehnung nicht bewegen…
Wie ist das überhaupt im Sport, z.B. mit der Gewalt ? Und dann gar der Kampfsport…! Da gab es in den achtziger, Anfang der neunziger Jahre den ketzernden Nestbeschmutzer, der die Gewalt generell (und damit auch den Budosport) ächten lassen wollte. Selbst ehemaliger Budoka, verunglimpfte er die Kämpfer und sogar die Trainer als psychisch angeschlagene Dumpfbacken (zumindest konnte und hat man es so aufgefasst). Nun hagelte es von privater und offizieller Stelle Leserbriefe und eigene wissenschaftliche Abhandlungen (von den Angriffen und unterschwelligen Drohungen ganz zu schweigen), die das Gegenteil beweisen sollten.
Da war sie wieder, die alte Diskussion um den „Katharsis-Effekt“ des Sportes (Aggressionsabbau durch Sport/Kampfsport). Ein anderer Karateka gründete sogar eine Organisation mit dem Ziel, Gewalt zu verlernen durch Kampfkunst. Er konzipierte eine mehrgleisige Therapie für Gewalttäter und arbeitete erfolgreich zusammen mit staatlichen Organen und anderen Institutionen. Doch auch dieser innovative und intellektuelle Budoka musste sich gegen viel Skepsis behaupten.
Gegen all diese Bretter vor dem eigenen Kopf oder denen der anderen wussten sich Budogrößen bisher jeweils im Kleinen (im Trainingsraum und dem näheren Umfeld) oder auch im Großen (Verbandspower gegen Störenfriede) durchzusetzen. Schließlich weiß jeder Budoka, wie mit Brettern zu verfahren ist.
Doch dann kam die sogenannte „Brett-Vorm-Kopf-Studie“ Anfang 2001 im Auftrag des Sportministeriums und durchgeführt von Prof. Dr. Brettschneider an der Universität Paderborn. Sie untersuchte statistisch die immer wieder gern behaupteten Postulate der Sportvereine unter dem Titel „Jugendarbeit in Sportvereinen – Anspruch und Wirklichkeit“.
In reißerisch aufgemachten Artikeln und Reportagen wurden die niederschmetternden Ergebnisse in den Medien präsentiert. Da erschien der Fußballklub als Alkoholikertruppe und der Sportverein wurde für Jugendliche zum gefährdenden Ort, in dem Gewalt u.ä. an der Tagesordnung sind. Gegen solche undifferenzierenden Unterstellungen kann man sich natürlich leicht wehren. Viel schlimmer aber ist eigentlich der Tenor dieser Studie, demzufolge dem Sportverein grundsätzlich keine besonders positiven erzieherischen Wirkungen nachgewiesen werden können (statistisch gesehen).
Das ruft selbstverständlich den Betreuer, Trainer und Jugendleiter auf den Plan, der täglich die „Kleinarbeit“ macht und auch die (hoffentlich erreichten) Erfolge sieht. Alle, die an dem großen Projekt, an der Bürgerbewegung Sport beteiligt sind, schrecken auf. Es hagelt zahlreiche Gegendarstellungen, Briefe und schließlich auch neue, „eigene“ Gutachten und wissenschaftliche Untersuchungen. Ja, so ist das mit der Statistik. Da hat jemand nach allen Regeln der Wissenschaft Zahlen und Aussagen zusammengetragen ohne irgendeine (böse) Absicht und die nicht statistisch orientierte Fraktion schlägt zurück. Dabei weiß doch jeder, wo die Grenzen der Zahlenspiele sind (es gibt „nur“ ca. 4% Arbeitslose im Bundesdurchschnitt; nur leider bin ich einer davon und was nützen mir die anderen 96 % ?).
Wie dem auch sei; die Statistiker haben ihre Hausaufgaben (wahrscheinlich auch ordentlich) gemacht. Nun ist es an den anderen, die schönen Sprüche (mehr sind es bisher nämlich häufig kaum gewesen) in Handlungskonzepte umzusetzen und den Verein bzw. sich selbst nicht mit unrealistischen Ansprüchen und Erwartungen zu überfordern…